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Federzeichnungen eines Reisenden - Wanderungen im Süden - ZaunköniG - 19.02.2014 I. Umrauscht von Pinienfinsternis, umflossen Vom Mondessilber, klimmt zum Bergabhange Hinan die Kutsche: Horch, mit gellem Klange Zuruft der Schwager seinen müden Rossen; Dann halten wir. Licht strömt aus Erdgeschossen, Die heißen Gäule schütteln sich im Strange, Die Fackeln tropfen und im Nachtgesange Im Halbschlaf liegt das Meer dort hingegossen. Wir sind in Terracina. Fröstelnd leise, Gedenken wir der schönen Operntexte Fra Diavolo’s und stimmen an die Weise. Doch was geschieht? Inzwischen ach behexte Sein Enkel uns die Köchin und die Speise, - Und Hunger war’s, der dies Sonett Euch klexte. RE: Federzeichnungen eines Reisenden - Wanderungen im Süden - ZaunköniG - 19.02.2014 II. Vorwärts die Fahrt geht durch die braungesttreckten Pontischen Sümpfe: Starre Wasser füllen Mit Wolkenbildern sich, das dumpfe Brüllen Der Büffel und des Reihers Kreischen weckten Die Schlafenden, die sich mit Träumen neckten. Am Horizont, den Morgen zu enthüllen, Frau Eos lacht aus gelben Schleiertüllen: Und im Südwest den Gipfel wir entdeckten, Auf dessen Haupt gleich einer Turbanfeder in klarster Luft des Rausches Säule schwanket: Seht den Vesuv! und hier seht her: Aus jeder Felsspalte hell in Purpurflammen ranket Die Cactusblüthe. Rollet jetzt, ihr Räder, Gen Napoli, nach dem die Sehnsucht kranket! RE: Federzeichnungen eines Reisenden - Wanderungen im Süden - ZaunköniG - 19.02.2014 III. Wir sind am Ziel: Im brausenden Geschwirre, Das ebbt und schwillt von Priestern, Mönchen, Laien, Von Obstverkäufern und von langen Reihen Demüthger Karrn und goldner Prachtgeschirre. Oft stockt die Fahrt, ob sich das Knäuel entwirre, Dann stürmt sie vorwärts: Gelbe Weiber schreien, Der Fuhrmann schimpft sie – und wir sind im Freien, Am offnen Platz, drauf Tambouringeklirre Den Saltarello unermüdlich reizet. Dort vor dem Thor des „Gasthofs ersten Ranges“ Der Pförtner sich in bunter Kleidung spreizet: Die Marmortreppen unhörbaren Ganges Betreten wir, und jetzt kein Reichthum geizet Der Table d’hote, des Schlafs und des Gesanges. RE: Federzeichnungen eines Reisenden - Wanderungen im Süden - ZaunköniG - 19.02.2014 IV. Das Zwielicht eilt. Vesuv, dein Auge düster Die Nacht durchblitzt, die über dich gesunken; Bald löscht es aus, bald mahnen seine Fuinken An Kinderspiele, wenn im Scheit der nüster Das Glimmen stirbt. Sie sagen dann „der Küster Geht aus der Kirche.“ Strömend niedertunken Die Lavagluthen und sind aufgetrunken Vom Felsgeröll mit zischendem Geflüster. Wir ritten aufwärts, seit das Licht der Sonnen In violettem Purpur ging zur Ruhe; Am Thor des Klosters spendeten die Nonnen Lacrimae Christi, dann auf starkem Schuhe Zum Krater ging’s. Vulcan, aus deinem Bronnen Kredenzt der Tod, du nicht Bescheid uns thue. RE: Federzeichnungen eines Reisenden - Wanderungen im Süden - ZaunköniG - 19.02.2014 V. Der Pilger aus linder Mondnachtkühle Plötzlich gebannt in Einsamkeit und Schrecken: Sein Traum des Fieber, seine Wohnung – Decken, Sein Lebenshauch – der Krankheit Seufzerschwüle. Die Hand, die zitternd bleiche, rupft am Pfühle, Das Auge stiert in’s glühe Kohlenbecken, Und Gegenwart, Zukunft, Vergangnes necken Rasch wechselnd ihn in höhnischem Gewühle. So blaßt die Zeit hin. Kämpfer ihm zu Häupten Sind Tod und Heimweh, wer sein Engel würde? Und die Genesung, über den Betäubten Ihr Antlitz neigend, trägt zu Schiff die Bürde. Bald her um ihn des Radschaums Tropfen stäubten: Er war gerettet, wie vom Wolf die Hürde. RE: Federzeichnungen eines Reisenden - Wanderungen im Süden - ZaunköniG - 19.02.2014 VI. Die Thür steht offen, schwere Düfte fließen Vom Garten zum Kamine, leise schwirren Guitarrenklänge, die ein Mädchen kirren, Und Lichtes voll, Dianas Schalen gießen Die Sehnsucht her zu ruhn und zu genießen. Die blaue Meerfluth schlummert; manchmal klirren Die Anker, die im Lufthauch sich verwirren, Und still und schön des Traumes Lilien sprießen. in solchem Glanz war einst mir aufgegangen Der Weihnachtstag, an unserm Baume glühten Goldfrucht und Licht in buntvermischtem Prangen. Heut rings um mich Decembernebel brüten, Drum fragest Du, was stillt mein Heimverlangen? Dein Herz, mein Kind, und Deines Kusses Blüthen. |