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Beck, Friedrich Christian: Das Sonett (3)
#1
Friedrich Christian Beck
1806 – 1888


Das Sonett

I.

Entkeimt des Süds melodischem Gesange,
Hat dich nach fremdem Lorbeer bald gelüstet,
Und hundert Sänger haben sich gebrüstet
Mit dir, Petrarca’s minniglichem Klange!

Doch auch der Schlachtruf machte dir nicht bange,
Und als der Gallier uns’re Flur verwüstet,
Hat Rückert mit dem Harnisch dich gerüstet,
Zum Kampfe dich geführt im edlen Drange!

Umsonst fortan zu dir wie einer Insel
Will Liebesschmerz, will Liebesnoth sich retten,
Bald tändelnd, bald mit jammerndem Gewinsel;

Der deutsche Geist, er will sich fester betten;
Gedanken malst du ihm mit mark’gem Pinsel
Und dröhnst vom Schall zerbrochner Feindesketten.
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#2
II.

„So kündigst Krieg du an uns kleinen Liedern,
Weil wir vom Lenz, weil wir von Liebe singen?
Zur Wolke soll die Nachtigall sich schwingen
Und sich zum Sonnenflug des Aars befiedern?“ –

Ich möchte d’rauf ein klares Wort erwidern:
Wenn reich die Keime sich zum Lichte ringen,
Vom Aether hoch des Frühlings Wonnen dringen,
Da pflückt man gern die Veilchen auch, die niedern;

Noch aber sind wir fern von solchem Ziele;
Wir hören dumpf am Fels die Brandung schäumen
Und steuern noch auf ungewissem Kiele;

Kaum daß ein Frühroth will die Gipfel säumen,
Und Poesie, sie soll bei Amors Spiele
Gefahr und Hoffnung thatenlos verträumen?
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#3
III.

Wie könnt’ ich je vom Lied die Liebe trennen,
Das A und O des Alphabets der Dichter?
Kein Krittler bin ich, bin kein Splitterrichter,
Doch kann ich wahr nur eine Liebe nennen;

Sie ist’s, für welche edle Herzen brennen;
Ihr Wesen ist auch dieses Streites Schlichter;
Sie macht die Seele stärker, größer, lichter
Und führt uns ein zu höherem Erkennen;

Kein frecher Hohn vermag sie zu entweihen;
Sie kann des Sklaven matter Blick nicht schauen,
Die Freigeborne wohnt nur bei den Freien;

Ihr Dichter, helft die Burg der Freiheit bauen;
Dann werdet ihr der Lieb’ auch Worte leihen,
des Kranzes werth, gereicht von deutschen Frauen!
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