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Dichtungsarten
#1
I. Ode

Ich wiege mich auf schönen Idealen,
Und kann für alles Edle mich entzünden,
Das Leben darf buntfarbig ich ausmalen,
Und manches Bild zum zarten Schmuck drein winden.

Die Poesie, die Tonkunst will ich preisen,
Die Reize der Natur mit Lust erheben,
Des Morgens Glanz, den Abendhauch, den leisen,
Des Waldes Grün, das ländlich stille Leben.

Und wenn der Himmel flammt in Sternensonnen,
Und gießt herab die goldnen Lichteswellen,
Dann klingt mein Lied in still empfundnen Wonnen,
Die Nacht in deiner eignen Brust zu hellen.

Und wenn ich darf ruhmreiche Männer loben,
Sind hoch die Schwingen mir emporgehoben.
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#2
II. Hymnen

Wir wollen uns der Ode hohem Schwung,
Die uns verwandt, wetteifernd zugesellen,
Um aus des Lebens öder Niederung
Des Geistes-Flügel himmelan zu schwellen.

Wir tragen uns in leichtgehobnem Flug
Empor zu hehren, frommen Sangesweisen,
Den, der die Seinen auf den Armen trug
Der treusten Liebe, lauten Chors zu preisen.

Wir danken, loben, rühmen, beten an,
Wir beugen uns vor Gottes Thron im Staube;
Was uns empor auf sonnenheller Bahn
Frohlockend trägt, es ist der fromme Glaube.

In unsre Schalen magst dein Lob du gießen,
Wenn Gnadenströme dir vom Himmel fließen.
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#3
III. Elegie

Des Lebens Unglück will ich dir beklagen,
In stiller Wehmuth deinen Schmerz aussprechen,
Wenn in so manchen herbempfundnen Plagen
Das Herz dir will vor bittrem Leide brechen.

Wardst du getäuscht, hast trauernd du verloren,
Was fest sich einst dir an das Herz geschlossen,
Was war zu süßem Labsal dir erkoren,
Hab’ ich dein Leid in Klagen ausgegossen.

Ich jammre nicht; des Herzens heißes Sehnen,
Was Schweres du im Leben mußt empfinden,
Ich gieß es aus in sanften, weichen Tönen,
Und will sie lind dir um die Schläfe winden.

Und wirst du weinend an den Gräbern stehen,
Kann dich zu Trost mein Friedenshauch umwehen.
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#4
IV. Glosse

Wie Röschen man sich gern vom Strauche bricht,
Zum zarten Frühlingsschmucke sie zu wählen,
So will, wo blüht ein zart und schön Gedicht,
Ich gern ein paar der Strophen ihm abstehlen.

Ich wäg’ sie dann in ihrem tiefen Sinn,
Und will in Versen jede kommentieren,
Und find ich, was ist zart verschlossen drin,
Kann ich es wohl mit meinen Reimen zieren.

So will denn auch manch schönes Dichterwort
Nur um so lieber in das Herz sich prägen,
Daß klinget es drin nach dir fort und fort,
Und bietet dir auch doppelt reichen Segen.

Und wirst du mich in meinem Werth erkennen,
So kann dein Herz auch heiß für mich entbrennen.
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#5
V. Gaselen

Als Gäste sind aus fernem Morgenland
Zum Occident wir her zu euch gezogen,
Und woben Lieder euch mit zarter Hand,
Daß wart ihr bald uns Fremdlingen gewogen.

Wenn singen wir manch Verschen hold und traut
Von Lieb und Leid, von Lust und herben Schmerzen,
Dann horcht ihr gern auf unsern süßen Laut,
Der lieblich klingt, wohltönend in die Herzen.

So Manchen, den als Dichter ihr erhebt,
Wir durften ihn kunstreiche Formen lehren,
Wo Wort um Wort gleichlautend gern sich webt,
Dieselben Reime immer wiederkehren.

Und scheint es oft, als wollten wir nur spielen,
Doch wars, daß wir selbst Meistern noch gefielen.
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#6
VI. Ritornell

Die Blumen lieb ich; Lilien und Rosen,
Narzissen, Veilchen will ich hoch erheben,
Mit Myrthenkronen, Lorbeerzweigen kosen,
Und sie in Reime zarten Lautes weben.

Aus Süden stamm ich, wo Orangen blühen,
Die Mandelbäume würzgen Duft verbreiten,
Wohin die süßen Nachtigallen ziehen,
Die Lyra klingt in weichgestimmten Saiten.

Ich necke gern, und darf ein Schelm wohl heißen,
Selbst ein Satyrchen will ich manchmal schreiben,
Doch kann ich auch das Höchste würdig preisen,
Und immer ernst bei ernsten Dingen bleiben.

Und flieg ich auch nur auf drei kurzen Zeilen,
Will doch von Blum’ zu Blum’ ich flatternd eilen.
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#7
VII. Gnomen

Kurz sind wir zwar, doch immer sinnesreich,
Und lieben uns in edle Form zu kleiden,
Bald streng und ernst, bald wieder zart und weich,
Die Ohren dir mit süßem Klang zu weiden.

Das Neue wollen treffend und pikant,
Damit es reuzt und locket, wir ausdrücken,
Und wo wir sagen, was ist längst bekannt,
Da wissen wirs poetisch doch zu schmücken.

Wir sind berühmt schon seit uralter Zeit,
Im Morgenlande schon mit Lust gepriesen,
Wo man die ernsten Lehren der Weisheit
In unsre kurzen Formen wollte gießen.

Selbst Salomonis hochgesalbter Mund
Macht sie darin in goldnen Sprüchen kund.
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#8
VIII. Epigramme

Wir sind zumeist ein schneidiges Geschlecht,
Und können eine scharfe Feder führen,
Und wär’ es Manchem auch vielleicht nicht recht,
Wir schrieben ihm doch beißende Satyren.

Wir tragen Spott, wir tragen Hohn und Witz
Auf unsern leichtbewegten, luftgen Flügeln,
Und schlügen ein wir zündelnd gleich dem Blitz,
Wir ließen unsern Übermuth nicht zügeln.

Wir zählen auf dem weiten Erdenrund
seit alter Zeit schon hochberühmte Namen,
Die uns gepflegt, die mit gewürztem Mund
Ausstreuten unsres Witzes goldnen Samen.

Und brennte heiß nicht unser blitzend Flämmchen,
Wir schrieben auf dich selbst ein Epigrämmchen.
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#9
IX. Idylle

Was friedlich ist, sich harmlos still ergetzt,
Was die Natur sich hegt im weichen Schooße,
Ich preis es dir, daß es dich hoch erletzt,
Und flecht es dir zum schönen Lebensloose.

Vor Alters, da noch blüht’ die goldne Zeit,
Die wollt’ die Schwingen leichten Fluges dehnen,
Da durfte selbst die eignen Flügel weit
Ausbreiten ich mit Lust und warmem Sehnen.

Ich schwärmte, liebte, schwang mich hoch empor,
Und träumte mich in goldne Paradiese,
Die hielt ich lieblich meinen Blicken vor,
Daß ich mit stillen Wonnen sie mir grüße.

Ach, mein so reines, sanftes, zartes Leben,
Ich mußt’ der Zeit es halb zum Raube geben!
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#10
X. Märchen

Was wollt’ ich mir schon immer gern aussinnen,
Das ist ein zartes, feingewobnes Märchen,
Doch was versucht’ ich, schnitt ich mit dem Scheerchen
Entzwei mir wieder, daß es flog von hinnen.

Und wollt’ ich auch von Neuem dann beginnen,
Und hatte schon ein allerliebstes Pärchen
Mit blondem Bart, und fein gelocktem Härchen,
Konnt’ ich doch nicht den rechten Schluß gewinnen.

An Riesen, Zwergen, Zauberern, Kobolden
Gebrach mirs nicht, auch nicht an wunderholden,
Zartfühlgen Feen, die hätt’ ich drein verwoben.

Doch ging es nicht; so blieb das Märchen liegen,
Das schlußlos wäre, will nicht Alles trügen
Und täuschen mich, vor deinem Blick zerstoben.
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#11
XI. Sonett

Noch will ich dich, mein Liebling, hoch erheben,
Der willst du mir so zarte Lieder singen,
Die schmeichelnd sich mir um die Ohren schlingen,
Mit süßen Lauten um das Herz sich weben.

Zwar muß man sich dir ganz zu eigen geben,
Die Freiheit dir zum willgen Opfer bringen,
Beschränken sich, Maaß halten, solls gelingen,
Empor auf deinen Fittigen zu schweben.

Die Worte wählen muß man, künstlich wenden,
In Reimen sie zum schönen Gleichlaut fügen,
Daß weichgebettet sie im Arm dir liegen,

Doch, was sich will im Innern mir bewegen,
Ich mag es gern in deine Formen legen,
Und immer muß ich lautes Lob dir spenden.
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