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Sonette aus dem Orient ( von 1864 ) Die Wüste (16)
#1
Sonette aus dem Orient ( von 1864 )


Die Pyramide

I.

O Königspyramid’! Im Morgenschein
Bist du ein Erzkolossus im Erglühen;
Geschmolzen Erz, d’raus Lichtesfunken sprühen,
Die Wüste rings, und Erz das Felsgestein!

Ein Nebelschleier hüllet Nachts dich ein,
Der rosig leuchtet in den Tagesfrühen
Und jeden Abend purpurn will verblühen;
Er weicht dem S’mum, der Mittagsglut allein.

Es dehnt dein Schatten, ist der Mond erwacht,
Sich über starre Fluten Sandes hin,
Als wolltest du dem bleichen Licht entfliehn.

Wahrhaftig groß bist du in Mondesnacht,
Und hehr und werth, o Pharaonenmal,
Daß sich verdopple deiner Jahre Zahl.


II.

Erklettert hab ich deine Stufenwände,
Wie’s Andre freventlich vor mir gewagt;
Dahin sind längst, die ehrfurchtsscheu gezagt
Dem Werk zu nahen ihrer frommen Hände!

Ich grüß euch, Palmen, die ihr Datteln tragt,
Dich Nil, verborgner Gottheit Segenspende,
Oasenland, dich reiches Stromgelände,
Dich, Stadt, von hundert Kuppeln überragt!

Könnt’ ich den Stift in eu’re Farben senken,
Und wollt’ ein Genius die Hand mir lenken,
Ich schüf’ ein Bild zu Aller Augenweide:

Des Niles Eden rechts, und links die Wüste,
Und hingestellt als Markstein zwischen Beide
Der Pyramide riesig Schaugerüste.


Die Sphinx

I.

Am Nile lebt’ – es sind viel tausend Jahre –
Ein Mädchen schön, mit kunstgewob’nen Flechten,
Mit Augen, Sternen gleich in dunklen Nächten,
Mit stumpfem Näschen, süßem Lippenpaare.

Und Alles hielt gebannt die Wunderbare.
Doch sie zerriß mit Künsten, grausam schlechten,
Jed’ Herz, in Lieb entbrannt, in Zucht und Rechten,
Und warf es hin wie Tand, wie leichte Waare.

Sie ward zu Stein dafür; ein riesig Bild
Ist sie, bewehrt mit grausen Löwenklauen,
Am glühend heißen Wüstensaum zu schauen.

Jahrtausendlang nun schon der Zauber hielt! –
O Mädchen, nimm dies Schicksal dir zu Herzen;
Mit treuer Lieb’ ist niemals gut zu scherzen.


II.

Sahara’s Kind und Königin zugleich!
Du hast die Wüsten unruhvoll durchzogen;
Der königliche Leu war dir gewogen,
Dein Pfühl war die Oase, kühl und weich.

Doch hehre Lust befiel die Liebe gleich
Dein Herz, zu schauen, wo am Himmelsbogen
Empor der Sonne frühste Strahlen flogen,
Zu schau’n der Sonne lichtes Freudenreich.

Die Sehnsucht trieb dich an den Wüstensaum;
Hier sahst du Menschen, Menschen-Thun und –Sitte,
Des Landes Pracht, den Nil in seiner Mitte –

Das war der Sonne Reich! das war dein Traum!
Dein Herz, wie konnt’ es solch’ Entzücken tragen?
Wie sollt’ es länger noch in Sehnsucht schlagen? -


III.

Du trägst ein frohes, lichtes Menschenhaupt,
Des Segens Fülle bergen deine Brüste;
Doch ach, du bist zur Hälft’ ein Tier der Wüste,
Dein Rücken ist vom Wüstensand bestaubt!

O Königsmaid! Ja, wer die Lösung wüßte!
Du starr’test wohl nicht länger sprachberaubt,
Ein Eden sproß’te wieder, kühlbelaubt,
Und du erwachtest, Schöne, Süßbegrüßte!

Doch, steinern Räthselbild, der Zauber hält!
Ich steh’, ein Zwerg, vor dir in tiefstem Sinnen,
Die rechte Deutung such’ ich zu gewinnen: -

Cultur, du Leuchte, die den Geist erhellt,
Die du den Sohn der Wildnis reich gemacht,
Du hast um Freiheit ihn und Kraft gebracht! -


Eine Karawane im Vorüberzieh’n

Der Führer saß auf hohem Dromedar,
Auf bunter Decke, gold- und quastenreich;
Der Turban roth, des Kleides Streifen gleich
Und seidenblau der faltige Talar.

Zum Gürtel floß des Bartes Silberhaar,
Das Antlitz ruhig, ernst und mild zugleich; -
Dem schweigenden Begängniß einer Leich’
An Ruhe glich der Wüstenwand’rer Schaar.

Es spickten wohl den Gurt Pistolen, Dolche,
Doch drohte mehr der Männer Blick, als solche.
Wir mochten fremd der Karawan erscheinen;

Ich suchte mir ihr Bildnis festzuhalten,
Mir war beim Anblick jenes edlen Alten,
Als schaut’ ich noch der Patriarchen Einen.


Geier

Die Sonne, blendend hell zurückgestrahlt,
Verrieth und der Kamele schneller Traben,
Daß Wasser nah; wir lechzten, uns zu laben –
Ein fauler Sumpf benahm den Wahn uns bald.

Zwölf Geier, an Gefieder mannigfalt,
Mit nackten Hälsen, die Cystern’ umgaben
Und schlürften aus dem schlammgefüllten Graben,
Mißgönnend unsren Tieren Tränk und Halt.

Sie schwärmen lautlos, wie’s der Wüste eigen,
Um unsre Häupter, und es wirkt beklemmend
Ihr ernstes Kreisen und den Athem hemmend. –

Es führt in träger Luft die Geierschaar,
Vom Aeserfraße satt, den Todesreigen,
Der grauenvoller als die Wüste war.


Mondnacht

Zu fahlem Schimmer wird das heit’re Licht
Des Mondes, über Wüstensand ergossen.
Es wagt der Fuß vom Lager der Genossen
In’s große Schweigen wen’ge Schritte nicht;

Dich schreckt dein Athem, der es unterbricht.
Das Dromedar, es kehrt zurück, verdrossen,
Weil rings umher ihm kein Gestrüpp ersprossen,
Und drängt verstört sich an die Zelte dicht.

Ein ries’ger Todtenacker ist die Wüste,
Und Pyramiden formen Wind und Sand;
Bedeckt, entblößt liegt bleichendes Gerippe:

O Schauder! Wenn ich hier verderben müßte!...
Im Zelte kreis’te hell von Lipp’ zu Lippe
Der Cyperwein, und jedes Schreckbild schwand.


Der Kakusin

Dem Goldstaub’ glich der Wüste feiner Sand,
Die Sonne streifte scheidend d’rüber hin;
Doch keinen Ruhepunkt das Auge fand –
Ein endlos Einerlei, das tödtend schien!

Da plötzlich nordwärts ohne Widerstand
Mit heißen Schwingen stürmte Kakusin;
Ein Leben, kühn, gestaltungsreich, entwand
Der starren, todten Wüste sich durch ihn.

Das Körnlein Staub rückt nachbarlich zu andern,
Sie eilen arabeskenartig fort;
Ja, mehr noch! Ganze Hügel Sandes wandern,
Sie wachsen, hier zerstäubt, zum Berge dort.

Doch was er heut’ gethürmt und aufgerichtet,
Das hat der Stürmer morgen schon vernichtet.


Die Beduinen

I.

Wie Sturmesmöwen über Meere fliegen,
Durchjagt der weiße Burnus braune Strecken, -
Der Wüste Poesie, ihr großer Schrecken
Gleich jenen Zelten, die im Thale liegen.

Noch weiden Rinder auf der Trift und Ziegen;
Du wirst sie morgen kaum mehr hier entdecken.
Geplündert melden jene Dörfer, Flecken
Vom Zug der Wüstenmänner, ihren Siegen.

Sich zinsbar halten sie die ganze Welt,
Mit ihrem Lager zieht vom Saatenfeld
Das zarte Grün, die Frucht, der Erntesegen.

Doch heilig wird der Handschlag noch geachtet,
Und wenn der Wand’rer einsam schier verschmachtet,
Sie laben ihn auf ihren schnellen Wegen.


II.

Ein reiches Dromedar wird vorgeführt,
Gefeit mit Talisman und Amuletten;
Die Jungfrau ist’s, die sich das Thier erkürt,
Des Stammes Schönste will darauf sich betten.

Sechs Männer sind der Jungfrau Hort und Hürd’,
Bereit, sie aus der Feinde Schaar zu retten,
Das Leben gar an ihr Geschick zu ketten
In Huld, wie’s einer Königin gebührt.

Die Stammgewählte sitzt im Rath der Männer,
Zu Boten wählet sie die schnellsten Renner
Und ihrem Worte lauschet jedes Ohr.

Der schmählich seine Königin verlor,
Geächtet ist der Stamm, verfehmt, verbannt;
Sein Name wird fortan nicht mehr genannt.


Sieg über Amalek
II. Mos. 17.

In Raphidim kam Amalek zu streiten
Mit Israel. Und Moses stieg bergan
Mit Hur und Aaron, hob zu beten an
Und seine Hände betend auszubreiten.

Und wie er flehend sie erhob, begann
Der Feind verwirrt zu fliehn nach allen Seiten;
Doch wie die Arme müde niedergleiten,
Hat Amalek die Übermacht fortan.

Da rücken Hur und Aaron einen Stein
Herbei und stützen knieend Mosis Hände
Und lehnen Gottes Stab in seine Rechte.

Und Moses wird nicht laß an Arm und Bein;
Er betet sitzend, bis der Tag zu Ende.
Bis Israel obsieget im Gefechte. -


Das Götzenkalb
II. Mos. 22.

Und Moses stieg vom Berg der Donner nieder,
Auf dem er vierzig Tage lang verblieben;
Er trug die Tafeln des Gesetzes nieder,
Das Gottes Finger selbst in Stein geschrieben.

Er horcht; es rauscht bergan wie Siegeslieder.
Wird Israel geschlagen und vertrieben?
Und welches Feindes Jubel hallet wider
Vom Hängen, die ihn hundertfach zerklieben?

Und näher schreitet Moses dem Gejohle.
Jehova’s Volk, es tanzt und jauchzet laut,
Sein Reigen gilt dem goldenen Idole.

Und des Propheten Herz ergrimmt deshalb,
Und er zerschmeißt die Tafeln, und es graut
Dem Volk, und er zermalmt das Götzenkalb.


Die Wolke
II. Mos. 40.

Hochaufgerichtet steht Jehova’s Zelt,
Mit güldenen Geräthen ausgestattet, -
Da senkt sich eine Wolke, krönt, beschattet
Den Tempel, den Gott selber sich bestellt.

Vom Morgen bis der Sonnenball ermattet,
Ist silbern sie und wunderbar erhellt;
Zur Flammensäule wird sie angeschwellt,
Sobald der Tag im Wüstensand bestattet.

Und hebt sie sich, dann greift zum Wanderstab
Ganz Israel, und läßt sie sich herab.
So schlägt es Lager, wo sie leuchtend weilt.

So führt Jehova’s Hauch ein Volk, das Er
Erwählt, geborgen vor Egyptens Heer,
Dem er das Meer getrocknet und getheilt.


Elias
III. Kön. 19.

„Ich eiferte für Dich mit Kraft und Mut;
Mit Grimm bewaffnet hast Du meine Rechte,
Durch sie geschlachtet all’ die Götzenknechte,
Daß noch der Kischon dampft von ihrem Blut!

Doch ob ich täglich Dir auch Opfer brächte,
Und Du sie zündetest mit Himmelsglut:
Kein Zeichen frommt dem störrigen Geschlechte,
Es stößt von sich den Bund und Deine Huth.

O steh’! auf Höhen räuchern sie und beten
Zu todten Götzen, Herr! und die Propheten
Erwürgte und die Mahner ihre Hand.

Auch mich verfolgt der Tod und das Verderben;
Die Füße wund, mein Lager Wüstensand,
Die Kraft dahin: - - Jehova laß mich sterben!“


Der Berg der Versuchung
Matth. 4.

Es hebt sich aus der Wüste schaurig, kahl
Ein Berg, abfallend jäh nach allen Seiten;
Sein Schatten reckt und streckt sich in die Weiten,
Unheimlich webt um ihn des Mondes Strahl.

Der Kegel mahnt daran, ein düster Mahl,
Wie Jesus Christus ging sich vorbereiten
Zum Welterlösungswerk für alle Zeiten
Durch Beten, jeglicher Entbehrung Qual;

Und wie an ihn sich der Versucher wagt,
Ihn frevelnd faßt und auf den Gipfel stellt
Und spricht, dieweil es eben herrlich tagt:

„Die Macht ist dein, der Zauber dieser Welt,
So weit sie je des Menschen Fuß betreten,
Wenn du die Kniee beug’st, mich – anzubeten.“



.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#2
Sonette aus dem Orient
( von 1873 )


Die Wüste

Die Pyramide

I.


O Königspyramid’! Im Morgenschein
Ein erzener Kolossus im Erglühen!
Geschmolzen Erz, d’raus Lichtesfunken sprühen,
Ist rings der Sand und Erz der Felsenrain.

In leichte Schleier hüllt der Nil dich ein,
Die rosig dämmern in den Tagesfrühen
Und purpurn mit dem Abendroth verblühen;
Die Mittagssonne schaut dein nackt Gestein.

Dein Schatten dehnt sich, ist der Mond entfacht,
Weit über starre Fluten Sandes hin,
Als wolltest du dem bleichen Licht entfliehn.

Bist wahrhaft groß in solcher Vollmondsnacht
Und hehr und werth, o Pharaonenmal,
Daß sich verdopple deiner Jahre Zahl.


II.

Erklettert hab ich deine Stufenwände,
Wie’s Andre freventlich vor mir gewagt;
Denn Staub sind längst, die frommen Sinns gezagt
Dem größten Werk zu nahn der eignen Hände.

Ich grüß euch, Palmen, so ihr Datteln tragt,
Dich Nil, verborgner Gottheit Segenspende,
Oasenland, dich reiches Stromgelände,
Dich, Stadt, von hundert Kuppeln überragt!

Könnt’ ich den Stift in eu’re Farben senken,
Und wollt’ ein Genius die Hand mir lenken,
Ich schüf ein Bild zu schönster Augenweide:

Des Niles Eden rechts, und links die Wüste,
Und hingestellt als Markstein zwischen Beide
Der Pyramide riesig Schaugerüste.


Die Sphinx

I.

Sahara’s Kind und Königin zugleich!
Du hast die Wüsten unruhvoll durchzogen;
Der königliche Leu war dir gewogen,
Dein Pfühl war die Oase, kühl und weich.

Doch hehre Lust befiel, der Liebe gleich,
Dein Herz, zu schaun, wo früh am Himmelsbogen
Empor der Sonne goldne Strahlen flogen,
Zu schau’n der Sonne lichtes Freudenreich.

Die Sehnsucht trieb dich an der Wüste Saum,
Hier sahst du Menschen, Menschenthum und Sitte,
Des Landes Pracht, den Nil in seiner Mitte –

Das war der Sonne Reich, dein schöner Traum!
Dein Herz, wie konnt’ es solch’ Entzücken tragen?
Wie sollt’ es länger noch in Sehnsucht schlagen? -


II.

Du trägst ein frohes, lichtes Menschenhaupt,
Des Segens Fülle bergen deine Brüste;
Und bist zur Hälfte doch ein Tier der Wüste,
Dein Rücken ist vom rothen Sand bestaubt.

Ja, Kind der Wildniß, wer die Lösung wüste!
Du starrtest dann nicht länger sprachberaubt,
Ein Eden sproß’te wieder, kühlbelaubt,
Du regtest dich, erwachtest, Süßbegrüßte!

O Räthselbild, für ewig hingestellt,
Ich steh, ein Zwerg, vor dir in ernstem sinnen,
Läßt eine Deutung sich dir abgewinnen?

Cultur, du Leuchte, die den Geist erhellt,
Sie, die den Sohn der Wildniß reich gemacht,
Sie hat um Freiheit ihn und Kraft gebracht.


Vorüberziehende Karawane

Der Führer saß auf hohem Dromedar,
Auf rother Decke, gold und quastenreich,
Das Antlitz mächtig, ernst und mild zugleich,
Zum Gürtel floß des Bartes Silberhaar.

Vorüber zog der Wüstensöhne Schaar
Auf braunem Sande buntem Streifen gleich,
So feierlich der Trab, so leis und weich,
Als ob sie folgten einer Todtenbahr.

Wohl spickten ihren Gurt Pistolen, Dolche,
Doch drohte mehr der Männer Blick, als solche.
Wie mußten fremd den Fremden wir erscheinen!

Ich suchte mir ihr Bildnis festzuhalten,
Mir war beim Antlitz jenes schönen Alten,
Als schaut’ ich noch der Patriarchen Einen.


Geier

Die Sonne, blendend hell zurückgestrahlt,
Verriet uns Wassers Nähe: schneller traben
Die Gäule, wir auch lechzten uns zu laben –
Ein fauler Sumpf benahm den Wahn uns bald.

Zwölf Geier, an Gefieder mannigfalt,
Mit nackten Hälsen, die Cystern’ umgaben
Und schlürften aus dem schlammgefüllten Graben,
Mißgönnend unsren Tieren Tränk und Halt.

Sie schwärmen lautlos, wie’s der Wüste eigen,
Um unsre Häupter, und es wirkt beklemmend
Dies dumpfe Kreisen, und den Athem hemmend.

Von Aesern satt vollzog die Geierschaar
In stummen Lüsten einen Todesreigen,
Der grauenvoller als die Wüste war.


Eine Mondnacht

Zu fahlem Dämmer bleicht das heitre Licht
Des Mondes, über Wüstensand ergossen.
Kein Schatten kommt in’s Schimmergraun geflossen,
In’s große schweigen nur dein Athem bricht.

Dein Fuß, er wagt vom Lager der Genossen
Ins Oede, Leere wen’ge Schritte nicht,
Und wie dein Adlerblick zu Boden kriecht,
Dem doch Unendlichkeit sich rings erschlossen!

Ein weiter Totenacker ist die Wüste –
Wie lange harrt das nackende Gerippe,
Daß ihm den Hügel schichte Wind und sand?

O Schauder! Wenn ich hier verderben müßte!...
Im Zelte kreis’te hell von Lipp’ zu Lippe
Der Cyperwein, und jedes Schreckbild schwand.


Der Kakusin

Wie Goldstaub war der Wüste feiner Sand,
Die Sonne streifte scheidend d’rüber hin;
Doch keinen Ruhepunkt das Auge fand –
Ein endlos Einerlei, das tödtend schien!

Da plötzlich nordwärts ohne Widerstand
Mit heißen Schwingen raste Kakusin,
Ein Leben, kühn, gestaltenreih, entwand
Der regungslosen Wüste sich durch ihn.

Ein Körnlein rückt erst nachbarlich zum andern,
Dann eilen in Mäandern tausend fort,
Und mehr noch, mehr, Lawinen Sandes wandern!

Doch was er heut entführt und aufgeschichtet,
Die Wellenhügel hier, die Berge dort,
Das hat der Stürmer morgen schon vernichtet.


Beduinen

Wie Sturmesmöwen über Meere fliegen,
Durchjagt der weiße Burnus braune Strecken, -
Der Wüste Poesie, der Wüste Schrecken –
Im Wady seine dunklen Zelte liegen.

Noch weiden Rinder auf der Trift und Ziegen;
Der Morgen wird sie kaum mehr hier entdecken,
Geplündert melden jene Dörfer, Flecken
Vom Zug der Wüstenmänner, ihren Siegen.

Sich zinsbar halten sie die ganze Welt,
Mit ihrem Lager zieht vom Saatenfeld
Das zarte Grün, der Ernte reifer Segen.

Doch heilig wird der Handschlag noch geachtet,
Und wenn der Wand’rer einsam schier verschmachtet,
Sie laben ihn auf ihren schnellen Wegen.


Eine Wüstenkönigin

Ein reiches Dromedar wird vorgeführt,
Mit Talisman gefeit und Amuletten,
Des Stammes Schönste will darauf sich betten,
Wie stolz das Thier die stolze Last verspürt!

Sechs Männer sie zu Schutz und Diensten kürt,
Bereit, sie durch der Feinde Schwarm zu retten
Und Gut und Blut an ihren Wink zu ketten,
Sie wissen, was der Königin gebührt.

Die Heldenjungfrau sitzt im Rath der Männer,
Zu Boten ordnet sie die schnellsten Renner
Und ihrem Worte horcht der weisen Ohr.

Der schmählich seine Königin verlor,
Geächtet ist der Stamm, verfehmt, gebannt;
Sein Name wird fortan nicht mehr genannt.


Moses

I.


Nach Raphidim kam Amalek zu streiten
Mit Gottes Volke; Moses stieg bergan
Mit Hur und Aaron, hob zu beten an
Und Hand und Arme flehend auszubreiten.

Nach Hülfe langt’ er aus und schon begann
Der Feind verwirrt zu fliehn nach allen Seiten;
Doch als die Arme lässig niedergleiten,
Erwächst den Feinden Übermacht fortan.

Da rücken Hur und Aaron einen Stein
Zur Stell’ und stützen knieend Mosis Hände
Und lehnen Gottes Stab in seine Rechte.


Und Moses ward nicht müd an Arm und Bein,
Er betet sitzend, bis der Tag zu Ende.
Bis Israel Obsieger im Gefechte.


II.

Und Moses stieg vom Berg der Donner wieder
Auf dem er vierzig Tage lang verblieben;
Er trug die Tafeln des Gesetzes nieder,
Das Gottes Finger selbst in Stein geschrieben.

Er horcht; es rauscht bergan wie Siegeslieder.
Wird Israel geschlagen und vertrieben?
Und welchen Feindes Jubel hallen wider
Die Hänge, die sich hundertfach zerklieben?

Und näher schreitet Moses dem Gejohle.
Jehova’s Volk, es tanzt und jauchzet laut,
Sein Reigen gilt dem goldenen Idole.

Und siehe, der Prophet ergrimmt deshalb,
Zerschmeißt die Tafeln, daß dem Volke graut,
Zornwettert und zermalmt das Götzenkalb.


Elias

„Ich eiferte für Dich mit Kraft und Mut;
Mit Grimm bewaffnet hast Du meine Rechte,
Hast hingerafft durch sie die Götzenknechte,
Daß noch der Kischon dampft von ihrem Blut!

Doch ob ich täglich Dir auch Opfer brächte,
Und Du sie zündetest mit Himmelsglut:
Kein Zeichen frommt dem störrigen Geschlechte,
Es stößt von sich das Bündnis deiner Hut.

Sieh hin, sie räuchern auf den Höhn und beten
Zu todten Götzen, Herr! und die Propheten
Die du gesandt hast, würgt die Frevlerhand.

Mich sucht der Tod, umlauert das Verderben,
Mein Fuß ist wund, mein Lager Wüstensand,
Die Kraft dahin: - - Jehova laß mich sterben!“



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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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